Musik

Anlässlich des Todes von Graf Philipp III. von Rieneck schrieb Johann Conrad Ulmer ein "Trostlied für die betrübten Christen".

Wenn ein Theologe und Pfarrer Musik und Glaube, Musik und Bibel zu verbinden weiß, dann wird der glaubende Mensch ganzheitlich, mit Verstand und Emotionen, angesprochen. Johann Conrad Ulmer gelingt dies. Glücklicherweise lässt er das "Trostlied für die betrübten Christen in der Grafschaft Rieneck" in einer Übersetzung mit ausführlicher Widmung abdrucken. So ist uns dieses Lied mit Noten noch heute nach mehr als vier Jahrhunderten erhalten.

Was bringt Ulmer dazu, zu komponieren und diese fünf Strophen zu dichten? Ein Todesfall am 3. September 1559. Der protestantische Landesfürst Graf Philipp III. von Rieneck ist gestorben - ohne Kinder. Die Grafschaft fällt an das Erzbistum Mainz, der reformierte Glaube in Lohr und Umgebung scheint gefährdet. Unwägbar ist für die evangel. Bevölkerung, ob sie weiter evangelische Predigten hören und in ihrer angestammten Heimat bleiben könne. Große Verunsicherung macht sich breit - und wir können uns vorstellen, wie das gemeinsame Singen die verunsicherten Menschen beruhigt, tröstet und verbindet:

 

Im Folgenden einige Erläuterungen von Studiendirektor Günter Opp:

 

Die erste Strophe wird beherrscht von den Appellen aufzuwachen und dem Wort Gottes zu vertrauen. Dass die Wiederkunft Christ kurz bevorstehe, war damals die Überzeugung der Menschen, die Seuchen, Pestepidemien, Hungersnöte, merkwürdige Himmelserscheinungen und eben den unerwarteten Tod des Landesherrn zu verkraften hatten - Ereignisse, wie sie auch im Neuen Testament Erwähnung finden (vgl. Mt 24, 42; Mt 25, 1-13).

 

„Wacht auf ihr frommen Christenleut

Hört zu in disem lande

Merckt was euch wird gesungen heut

das jr nicht werdt zuschanden.

Wenn kommen wird Herr Jesus Christ:

Dahin wir haben kleine frist

Glaubt Gottes wort

Halts für ewren hort

so mag euch nit mißlingen.“

 

In der zweiten Strophe ermutigt Ulmer die Bevölkerung der Grafschaft Rieneck, bei ihrem protestantischen Glauben zu bleiben, dem katholischen Kurfürsten von Mainz aber zu geben, was ihm zusteht (vgl. Mt 22,15-22; Mt 10,32).

 

„Dem Keiser gebt, was Keisers ist

Vernembt darbey gar eben

Auff das jhr auch zu jeder frist

was Gott gebürt wöllt geben.

Wer jhn bekannt für dieser welt

Acht nit seins leibs, Ehr, gut noch gelt

den wil er dorth

habts offt gehört

Jm himmel Ehren eben.“

 

In der dritten Strophe wird das eben Gesungene am Beispiel des verstorbenen Grafs konkretisiert: Er wird für seine Glaubensstandhaftigkeit auch gegenüber dem Druck des Kaisers als Vorbild angeführt.

 

„Graff Philips unser seliger Herr

Sey uns ein spiegel klare

Umb Christi seines Herren Ehr

wagt er, sag ich fürwahre

Leib, gut und blut, auch was er hett

Gotts wort und geist jn halten thet

Trett jhm frisch nach

ist auch kein schmach

Wöllt jr zur himmelschare.“

 

In der vierten Strophe wendet sich Ulmer der Person des David - die evang. Bevölkerung der Grafschaft repräsentierend - zu, der bereits als Junge zum König gesalbt worden ist (vgl. 1.Sam 16) und sich später auf den ungleich stärkeren und bis an die Zähne bewaffneten Goliath - den kath. Kurfürsten von Mainz vertretend - eingelassen und besiegt hat, was mit seinem tiefen Gottvertrauen erklärt wird (vgl. 1.Sam 17).

 

„Eins Königs hertz, merckt mit verstand

Wie uns die schrifft thut sagen,

Steht gantz und gar in Gottes hand

darauff thut euch frisch wagen

Secht euch und ewre kinder an

seinen Namen rüfft mit glauben an

Niemand fürwahr

krümpt euch ein har

Laßt uns ja nit verzagen.“

 

In der fünften und letzten Strophe nimmt er wieder auf einige Textstellen des Matthäus-Evangeliums Bezug, nämlich Mt 10,38; Mt 10,22; Mt 24,13 und man denkt an Luthers Lied "Eine feste Burg" mit "... das Reich muss uns doch bleiben", wobei Ulmer seinem "... der himmel muss uns bleiben" im Gegensatz zu Luther noch die Aufforderung vorausstellt, die Welt zu verachten. 

 

„Wer sein Creutz nit nimpt, und volgt nach

Thut uns mattheus schreiben

Der ist dem herren eine schmach

kann nit sein jünger bleiben.

Wer bis ans end verharren thut

Dem wird zu theil das ewig gut

Die welt veracht

Ade gut nacht

der himmel mus uns bleiben.“

 

So rahmen also je zwei Strophen mit biblischem Bezug Mut zusprechend und den protestantischen Glauben stärkend die mittlere Strophe ein, die den verstorbenen Grafen der trostbedürftigen Bevölkerung wie einen Heiligen als Vorbild präsentiert.